Eine Erbin hatte von ihrem verstorbenen Vater die Hälfte eines Grundstücks geerbt, auf dem ihre Mutter weiterhin lebte. Zur Pflege der Mutter und zur Verwaltung des Nachlasses richtete sich die Erbin in dem Haus zwei Zimmer ein, in denen sie auch hin und wieder übernachtete. Dies allein schafft jedoch kein Familienheim. Und nur bei Bestehen eines solchen ist eine Befreiung von der Erbschaftsteuer vorgesehen. Diese Steuerbefreiung setzt voraus, dass
• der Erblasser den Wohnsitz vor dem Erbfall zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat (das traf im Streitfall zu) und
• die Erbin diese Wohnung nach dem Erbfall unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt hat.
Das Einrichten von zwei Zimmern reicht nach Ansicht des mit der Angelegenheit befassten Finanzgerichts Hessen dafür nicht aus. Das gilt selbst dann, wenn der eigentliche Sinn und Zweck dieser Befreiungsvorschrift, nämlich der Schutz des familiären Lebensraums, dadurch erfüllt wird. Auch dass die Erbin ohnehin nur hälftiges Eigentum erlangt und dieses der Mutter unentgeltlich überlassen hatte, änderte nichts an der Auffassung des Gerichts.
Der Gesetzgeber stellt zwar im Bereich der Einkommensteuer die Selbstnutzung der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an (unterhaltsberechtigte) Kinder gleich, für die Erbschaftsteuer ist der Begriff der Selbstnutzung aber enger zu fassen. Nur wenn tatsächlich eine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken vorliegt, die mit einem funktionierenden Haushalt auch einen Wohnsitz darstellt, ist die Voraussetzung für die Steuerbefreiung erfüllt.
© Deubner Verlag GmbH & Co. KG