Wer vor dem Finanzgericht (FG) klagt, muss die Kosten üblicherweise auch im Fall eines Sieges selbst tragen, sofern er Tatsachen, die ausschlaggebend für die Entscheidung sind, erst im Gerichtsverfahren vorbringt (verspäteter Sachvortrag). So ging es auch einer Grundstückseigentümerin, die den geringeren Wert ihres Grundstücks erst im Klageverfahren per Gutachten nachgewiesen hatte. Nachdem sie den Prozess für sich entschieden hatte, wies das FG Niedersachsen die Verfahrenskosten dem beklagten Finanzamt zu. Das Finanzamt stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass die Grundstückseigentümerin das Gutachten bereits im Einspruchsverfahren hätte vorlegen können.
Das FG erkannte in dieser Fallkonstellation allerdings folgendes Dilemma:
• Einerseits soll mit der Vorschrift zum verspäteten Sachvortrag verhindert werden, dass entscheidungserhebliche Tatsachen erst im Klageverfahren - auf Kosten des Staates - vorgebracht werden.
• Andererseits sind in Einspruchsverfahren keine Kostenerstattungen vorgesehen.
Im Zusammenspiel führen diese beiden Vorschriften dazu, dass das Finanzamt - egal wie die Entscheidung ausfällt - keine Kosten zu tragen hat: gewinnt es das Verfahren, dann ohnehin nicht, erleidet es eine Niederlage, dann wegen des verspäteten Sachvortrags nicht, und im Einspruchsverfahren sowieso nicht. Dies verstößt jedoch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Deshalb musste das Finanzamt die Kosten tragen - trotz des unstrittig verspäteten Sachvortrags der Klägerin.
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