Ohne Ingenieur geht auf dem Bau nichts mehr: Von Vielseitigkeit und Verantwortung
Das vom damaligen Ingenieur und Schriftsteller Heinrich Seidel (1842-1906) sowie Konstrukteur bedeutender Berliner Bahnanlagen wie den Yorckbrücken und der Dachkonstruktion des Anhalter Bahnhofs komponierte „Ingenieurlied“ von 1871 („Dem Ingenieur ist nichts zu schwere - Er lacht und spricht: Wenn dieses nicht, so geht doch das!“) gilt in seiner Grundessenz gewissermaßen noch bis zum heutigen Tage. Ingenieure aller Fachrichtungen und damit auch diejenigen des Bauingenieurwesens sind gleichzeitig wie flexibel für die Konzeption, Planung, den Entwurf, die Konstruktion, Berechnung, Herstellung und den Betrieb der von ihnen ersonnenen und betreuten Maschinen und/oder Gebäude zuständig. Im Bauwesen also vorrangig in den Bereichen Hochbau, Verkehrsbau, Tiefbau und Wasserbau sowie in deren spezifischen Teilbereichen Baubetrieb und Bauleitung, Bauinformatik, Baustoffkunde und Baustoffprüfung, Bauchemie und Bauphysik, Baustatik und Baudynamik, Geotechnik und Bodenmechanik, Fels-, Tunnel-, Berg-, Stahl-, Massiv-, Holz-, Glas-, Membran-, Brücken- und Grundbau. Die Tätigkeitsfelder Wasser und Umwelt in Form von Wasser-, Siedlungs- oder Abfallwirtschaft, Küsteningenieurwesen, Energiewasserbau, Hydromechanik und Hydrologie haben in den letzten Jahren ebenfalls kontinuierlich an Bedeutung gewonnen, ebenso die Bereiche öffentliche Verwaltung, Sanierung und Bauwerkserhaltung.
Bauingenieure haften gelegentlich für ihre Baustellen: Aufgaben und Ausbildung
Bei ihren diesbezüglich vielseitigen Aufgaben werden von Bauingenieuren in der Regel Technikaffinität, Problemlösungsveranlagung, logisches Denk- und Konzentrations- sowie soziales Kommunikationsvermögen, Ausdauer, Geduld und je nach genauer Tätigkeit auch hohe mathematische Kompetenz sowie zeitgemäße EDV-Kenntnisse verlangt. Ähnlich wie Architekten, mit denen sie meist eng kooperieren, sind auch Bauingenieure oft mit spezifischen Aufgaben betreut, dürfen aber dabei das Gesamtbild nicht aus dem Blick verlieren. Sie tragen ein hohes Maß an Verantwortung für die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit gefertigter Gebäude. Hinsichtlich potenzieller Mangelhaftigkeit sind Bauingenieure noch heute teils umfangreichen Haftungsansprüchen in Form von hohen Geldbußen, Schadensersatzforderungen oder gar Freiheitsstrafen unterworfen. Anders als und im tendenziellen Unterschied zu Architekten sind Bauingenieure auf Baustellen meist für die fachgemäße Erledigung aller Bauwerke des Tiefbaus und für die Bauleitung bei Hochbauten verantwortlich. Im Besonderen für das statisch ordnungsgemäße Gesamtsystem eines Tragwerks als maßgebliche Grundlage für die Standsicherheit eines Bauwerks. Ihre Ausbildung erhalten sie in Deutschland im Rahmen von Diplom-, Bachelor- Master- und Verbundstudiengängen an Fachhochschulen, Universitäten und vor allem Technischen Universitäten, erfolgt die Ausbildung an einer Berufsakademie, trägt der Titel „Diplomingenieur“ (Dipl.-Ing.) den Zusatz „(BA)“.
Weiterhin anhaltender Fachkräftebedarf: Gute Berufsaussichten im In- und Ausland
Aktuell gibt es in Deutschland knapp 100.000 Ingenieurbüros sowie fast 160.000 berufstätige Bauingenieure bei steigender Tendenz, diese absehbar auch zukünftig wegen des anhaltend großen Bedarfs an Wohnungsneubauten sehr gefragten Fachleute stellen also gut 10 % der insgesamt ca. 1,6 Millionen hierzulande tätigen Ingenieure. Damit ist die Bundesrepublik im weltweiten Vergleich führend, auch die Zukunftsaussichten des Berufs werden als sehr gut eingeschätzt, werden doch Angebot und Nachfrage hierzulande lediglich von 3.000 Absolventen, jedoch 4.500 Neueinstellungen pro Jahr u.a. auch in der Baustoff- und Baumaschinenindustrie, in den Bauabteilungen privater Bauherren und Verbänden der Bauwirtschaft oder in der Hochschulforschung bestimmt. In den letzten Jahren neu entstandene eigenständige Studiengänge für Spezialeinsatzgebiete wie Bauprozessmanagement, energieeffizientes Bauen und europäisches Baumanagement bieten im Verbund mit guten Fremdsprachenkenntnissen auch international viel versprechende Perspektiven. Berufsständisch sind Bauingenieure in Deutschland in den öffentlich-rechtlichen Ingenieurkammern der einzelnen Bundesländer vertreten, als gesetzlich genau definierte „Beratende Ingenieure“ sind sie somit ggf. auch in die landesrechtlich geschützte „Liste der Beratenden Ingenieure“ eingetragen. Weitere Berufsverbände und Ingenieurvereinigungen sind der „Akkreditierungsverbund für Studiengänge des Bauwesens (ASBau)“, der bereits 1856 gegründete „Verein Deutscher Ingenieure“ (VDI) und der "deutsche Ingenieurinnenbund e. V." (dib).
• Bauingenieure sind auf Baustellen für viele verschiedene und verantwortungsvolle Aufgaben zuständig
• Außer im Bauwesen für diverse Bauherren sind sie auch im Umweltschutz und in der Verwaltung tätig
• Stärker als die mit ihnen kooperierenden Architekten sind Bauingenieure für statische Stabilität zuständig
• Juristisch können Bauingenieure bei nachgewiesener Fahrlässigkeit und Mangelhaftigkeit haftbar gemacht werden
• Angesichts steigenden Wohnraumbedarfs gehen die meisten Experten von anhaltendem Fachkräftebedarf aus
• Immer wichtiger und bedeutender wird für Bauingenieure auch die grenzüberschreitende Berufstätigkeit